Studie: Ist AIT eine neue Hoffnung für traumatisierte Frauen?

Körperorientierte Gruppenarbeit kann PTBS nach häuslicher Gewalt lindern

Wie kann man Frauen, die unter den langfristigen Folgen häuslicher Gewalt leiden, effektiv unterstützen? Eine aktuelle Pilotstudie zeigt, dass eine strukturierte Gruppenintervention mit Advanced Integrative Therapy (AIT) das Potenzial hat, posttraumatische Belastungssymptome (PTBS) deutlich zu lindern – und das bereits nach nur 15 Sitzungen.

Für viele, die mit Klopfakupressur (EFT) arbeiten, lohnt sich ein genauer Blick: AIT und EFT teilen wichtige Grundprinzipien – verfolgen aber unterschiedliche Wege.

Studienüberblick: AIT bei weiblichen Überlebenden von Gewaltbeziehungen

In einer 2025 veröffentlichten Pilotstudie untersuchten die Therapeutinnen Cristina Martínez Olivé, Mélida Ávila und Charo Hernández Camacho, ob eine kompakte AIT-Gruppentherapie bei Frauen wirksam ist, die infolge langjähriger intimer Partnergewalt (IPV) an PTBS und Dissoziation litten. Zwölf betroffene Frauen aus ländlichen Regionen El Salvadors nahmen teil.

Die Ergebnisse: 91,66 % der Teilnehmerinnen wiesen zwei Monate nach der Behandlung keine klinisch relevante PTBS mehr auf. Alle untersuchten Symptomgruppen – Flashbacks, Vermeidungsverhalten, emotionale Taubheit, Übererregung und Dissoziation – gingen signifikant zurück.

Was genau ist AIT – und wie funktioniert es?

Advanced Integrative Therapy (AIT) ist ein therapeutisches Verfahren, das traumatische Erfahrungen gezielt auf kognitiver, emotionaler, körperlicher und energetischer Ebene verarbeitet. Entwickelt wurde AIT in den 1990er-Jahren von Dr. Asha Clinton, die verschiedene psychotherapeutische, körpertherapeutische und spirituelle Ansätze integrierte.

Die AIT-Methode umfasst drei zentrale Schritte:

  1. Traumatische Ursache identifizieren
    Belastende Erinnerungen oder Glaubenssätze, die psychische Symptome verursachen, werden gezielt benannt.
  2. Gleichzeitige körperliche und sprachliche Verarbeitung (Dual-Prozess)
    Während die Erinnerung aktiviert wird, erfolgt eine Stimulation entlang der Ganglienkette des vegetativen Nervensystems – vergleichbar mit Akupressur, aber an anderen Stellen als beim EFT.
  3. Transformation und Integration
    Alte emotionale Reaktionsmuster werden aufgelöst, neue, unterstützende Qualitäten (z. B. Sicherheit, Vertrauen, Selbstwert) werden verankert.

Zudem arbeitet AIT regelmäßig mit Vagus-Stimulation, bilateraler Hemisphärenaktivierung, Atemübungen, spirituellen Elementen (z. B. Ahnenanbindung) und Neuroregulationstechniken.

AIT und EFT – wie hängen sie zusammen?

Emotional Freedom Techniques (EFT) und AIT zählen beide zur Energetischen Psychologie. Sie kombinieren kognitive Elemente mit Körperinterventionen, um emotionale Belastungen zu lindern. Auch in der Studie wird EFT explizit als verwandtes Verfahren genannt:

„Energy psychology techniques, such as Emotional Freedom Therapy (EFT) and Mental Field Therapy (MFT), aim to release energetic blockages to alleviate symptoms of trauma and anxiety.“
(Olivé et al., 2025)

Wichtiger Unterschied:

  • EFT nutzt Klopfen auf Meridianpunkte (Akupunkturpunkte) zur Selbstregulation.
  • AIT hingegen arbeitet mit der Ganglienstimulation entlang des autonomen Nervensystems und einem festen, therapeutisch begleiteten Prozess.

Für Praktizierende und Klient:innen bedeutet das:

  • EFT ist oft schnell verfügbar, selbst anwendbar und niedrigschwellig – ideal für emotionale Erste Hilfe oder Alltagsstabilisierung.
  • AIT eignet sich eher für tiefergehende therapeutische Prozesse, besonders bei chronischer oder komplexer Traumatisierung.

Was macht diese Studie besonders?

Die Studie zeigt eindrucksvoll:

  • Wie wichtig es ist, den Körper und das Nervensystem in die Traumatherapie einzubeziehen.
  • Wie wirkungsvoll eine strukturierte Gruppenintervention sein kann – auch in Regionen mit geringen Ressourcen.
  • Dass energetisch-somatische Verfahren wie AIT oder EFT ernstzunehmende Alternativen oder Ergänzungen zu konventioneller Gesprächstherapie darstellen.

Die Intervention war dabei nicht nur symptomreduzierend, sondern auch ressourcenstärkend: Die Frauen erlebten sich wieder als handlungsfähig, entwickelten neue Sichtweisen auf sich selbst – und konnten erstmals ohne emotionale Abspaltung über ihr Erlebtes sprechen.

Fazit

Die Ergebnisse dieser Pilotstudie machen Mut: AIT kann tiefgreifende Veränderungen bewirken – gerade bei Überlebenden chronischer Gewalt, die oft schwer zugänglich für herkömmliche Verfahren sind. Für alle, die mit EFT arbeiten oder sich für körperorientierte Traumatherapie interessieren, ist AIT ein faszinierender Verwandter – mit Potenzial für neue Wege der Heilung.

Die Studie entspricht den APA-Regeln für wissenschaftlich anerkannte Evidenz-Forschung.

Quelle: Olivé, C., Ávila, M., & Camacho, C. (2025). Efficacy of a brief group intervention from Advanced Integrative Therapy (AIT) in female survivors of intimate partner violence with post-traumatic stress disorder (PTSD): A Pilot Cohort Case Study. International Journal of Healing and Caring, 25(1), 11–33.

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Wichtiger Hinweis: Die hier vorgestellte Methode der Klopfakupressur (EFT) versteht sich als komplementäre Maßnahme zur emotionalen Selbsthilfe. Sie ersetzt keine medizinische, psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung. Bei starker oder anhaltender psychischer Belastung kann es sinnvoll sein, zusätzlich professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.