Studie: Präsenz- vs. Online-Behandlung mit EFT

Die digitale Transformation hält Einzug in viele Bereiche – auch in psychologische und psychosoziale Interventionen. Online-Kurse, Webinare, Therapiesitzungen via Video oder Lernprogramme gewinnen an Bedeutung. Vor dem Hintergrund solcher Entwicklungen stellt sich die Frage: Kann eine online durchgeführte Intervention mit einer klassischen Präsenz-Gruppe bei psychologischen oder beziehungsbezogenen Themen mithalten?

Die hier betrachtete Studie von Dawson Church und Morgan Clond (2019) in The Journal of Nervous and Mental Disease untersucht genau das: Sie verglich eine Präsenz-Workshop-Gruppe mit einem On­line-Kurs, beide mit gleicher inhaltlicher Ausrichtung, im Hinblick auf Veränderung von Depression, Angst und Beziehung-Zufriedenheit.

Studienaufbau und Methoden

  • Es wurden zwei Gruppen untersucht:
    • Präsenzgruppe (n = 37) nahm teil an einem 6-tägigen Workshop („Tapping Deep Intimacy“), der sich auf Interpersonal-Skills konzentrierte.
    • Onlinegruppe (n = 37) machte denselben Inhalt stattdessen über einen 12-wöchigen Online-Kurs.
  • Beide Programme basierten auf einem Curriculum („Whole Energy Lifestyle“), das 12 evidenzbasierte Fähigkeiten vermittelt: z. B. Achtsamkeit, Atemtechnik, Meditation (EcoMeditation), Herz-Kohärenz, „Clinical Emotional Freedom Techniques“ (EFT), aktives Zuhören, Qigong.
  • Messzeitpunkte: Vor Intervention (Pre), direkt danach (Post), und 1-Jahres-Follow-up. Gemessen wurden: Depression, Angst, Beziehung­szufriedenheit.

Ergebnisse

Die wichtigsten Befunde im Überblick:

  • Depression: Beide Gruppen zeigten signifikante Verbesserungen (p < 0.001) bei der Depressionsmessung. Allerdings war der Rückgang in der Präsenzgruppe stärker.
  • Angst: Nur die Präsenzgruppe zeigte einen signifikanten Rückgang von Angst – die Onlinegruppe nicht.
  • Beziehungszufriedenheit: Beide Gruppen erzielten eine Verbesserung von etwa 29 %. (p < 0.003). Die Verbesserungen waren auch im 1-Jahres-Follow-up weitgehend erhalten.
  • Die Autoren weisen darauf hin, dass trotz ähnlicher demografischer Merkmale die Ausgangsbelastung (Angst/Depression) der Präsenzgruppe höher war – was darauf hinweist, dass sich vermutlich unterschiedliche Teilnehmenden-Typen für Online vs. Präsenz entscheiden.

Interpretation & Bedeutung

Für den Praxis- bzw. Seminar-Kontext ergeben sich einige interessante Implikationen:

  • Online-Programme können durchaus positive Effekte erzielen — z. B. bei Depressions­werten und Beziehung­szufriedenheit. Das spricht dafür, dass digitale oder ortsunabhängige Formate eine sinnvolle Ergänzung sein können.
  • Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass ein Online-Format exakt dieselbe Wirksamkeit erreicht wie Präsenz-Interventionen, insbesondere bei Angstsymptomen. In dieser Studie blieb der Angstrückgang in der Onlinegruppe aus.
  • Wenn Zielgruppen Angstsymptome oder stärker belastete Personen umfassen, ist eine Präsenz-Variante möglicherweise günstiger. Online-Formate können dennoch gut funktionieren — insbesondere für weniger stark belastete Personen oder als ergänzende Maßnahme.
  • Zudem: Die Teilnehmer:innen der Präsenzgruppe waren vorab stärker belastet – das bedeutet: Online-Programme ziehen möglicherweise eher Menschen mit geringerer Ausgangsbelastung an – was die Übertragbarkeit für hoch belastete Klient:innen limitiert.

Fazit

Für Seminare oder Kurse im komplementären Bereich (z. B. in Stress-, Beziehungs- oder Selbstregulations­kontexten), kannst man folgende Schlussfolgerungen ziehen:

  • Online-Kursteilnehmer:innen sind eine echte Option – sie zeigen klare Verbesserungen in Bereichen wie Depressivität und Beziehung­szufriedenheit.
  • Präsenz-Formate hingegen bleiben insbesondere dann überlegen, wenn mit angstevollen oder stark belasteten Teilnehmenden gearbeitet wird.
  • Eine hybride Lösung (Präsenz + Online-Elemente) könnte sinnvoll sein: Präsenzphase für Einstieg/Intensivierung, Online-Nachbereitung zur Stabilisierung.

Quelle: Church, D., & Clond, M. (2019). Is Online Treatment as Effective as In-Person Treatment?: Psychological Change in Two Relationship Skills Groups. The Journal of Nervous and Mental Disease, 207(5), 315–319.

Zur vollständigen Studie…

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Wichtiger Hinweis: Die hier vorgestellten Methoden verstehen sich als komplementäre Maßnahme zur emotionalen Selbsthilfe. Sie ersetzen keine medizinische, psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung. Bei starker oder anhaltender psychischer Belastung kann es sinnvoll sein, zusätzlich professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.